Beiträge nach dem Äquivalenzprinzip
Maßgeblich für die Berechnung der Beiträge in der Privatversicherung
ist das Äquivalenzprinzip. Danach besteht eine enge Beziehung zwischen der Beitragshöhe und dem Versicherungsschutz.
Je umfassender der Versicherungsschutz, je höher also die voraussichtlich in Anspruch genommenen Versicherungsleistungen
sind, desto höher sind auch die Beiträge in der privaten Krankenversicherung (PKV). Anders in der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV). Ein Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gibt es hier grundsätzlich
nicht. Die Beiträge werden nach dem Einkommen berechnet; eine Beziehung zum Umfang des Versicherungsschutzes
besteht nicht. Konkret macht sich die Anwendung des Äquivalenzprinzips in der Beitragskalkulation der Privatkrankenversicherung
in vier Faktoren bemerkbar:
Die Beitragshöhe hängt vom Umfang der versicherten Leistungen ab. So
ist z.B. ein Versicherungsschutz, der im Krankenhaus auch die Unterbringung im Einbettzimmer umfaßt, teurer
als ein Versicherungsschutz, der nur die Unterbringung im Mehrbettzimmer einschließt.
Die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen steigt mit dem Lebensalter. Deshalb
hängen die Beiträge in der Privatkrankenversicherung auch vom Lebensalter bei Versicherungsbeginn ab.
Je früher sich jemand für einen Versicherungsschutz in der Privaten Krankenversicherung entscheidet,
desto niedriger sind die Beiträge.
Ein weiterer Aspekt ist der Gesundheitszustand zu Beginn der Versicherung. Bereits
vorhandene Erkrankungen sind, versicherungstechnisch gesprochen, zusätzliche Gesundheitsrisiken, die nach
dem Äquivalenzprinzip oft nur dann versichert werden können, wenn für das zusätzliche Risiko
auch zusätzliche Beiträge (Risikozuschläge) bezahlt werden.
Wichtig ist: Es kommt immer auf die Verhältnisse zu Beginn eines Versicherungsvertrages
an. Dies ist Grundlage für die Beitragsberechnung. Treten zu einem späteren Zeitpunkt neue risikorelevante
Tatbestände auf – insbesondere durch Verschlechterung des Gesundheitszustandes –, dann hat das keine Auswirkungen
auf die Beiträge. Spätere Risikozuschläge sind also nicht möglich. Wird allerdings der Versicherungsumfang
nachträglich erweitert, indem sich der Versicherte für einen anderen Tarif entscheidet, dann erfolgt
für den erweiterten Versicherungsschutz erneut eine Risikobeurteilung. Für einen zusätzlichen Versicherungsschutz
wird auch ein risikogerechter Mehrbeitrag berechnet.
Junge bilden Vorsorge fürs Alter
Mit dem Alter steigt die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen.
80jährige Männer benötigen z.B. etwa achtmal so hohe Aufwendungen für Arzneimittel wie 41jährige.
Die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen steigt zwischen dem 30sten und dem 80sten Lebensjahr um den Faktor
10 bis 12. Diese Beispiele lassen sich fortsetzen. In der PKV treffen die Jungen deshalb rechtzeitig Vorsorge für
die mit dem Alter steigenden Gesundheitskosten. In der Beitragsberechnung wird bereits einkalkuliert, daß
mit dem Alter auch die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zunimmt. Die private Krankenversicherung bildet
hierfür eine Alterungsrückstellung.
Für die nächsten Jahrzehnte wird es tiefgreifende Veränderungen
der Bevölkerungsstruktur geben. Der Anteil alter Menschen an der Bevölkerung wird stark zunehmen, gleichzeitig
sinkt der Anteil junger Menschen. Damit steigt natürlich auch die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen
verbunden mit entsprechend höheren Kosten. Die Folgen für die Krankenversicherung hängen vom Finanzierungsverfahren
ab. Es gibt das Umlageverfahren und das Anwartschaftsdeckungsverfahren. Nach deutschem Recht muß die private
Krankenversicherung in der Vollversicherung nach dem Anwartschaftsdeckungsverfahren arbeiten. Damit wird bereits
heute eine systematische Vorsorge für das Alter gebildet. Die folgende Grafik 2 verdeutlicht die Beitragsberechnung
in der Privatversicherung. Die schwarze Linie gibt die mit dem Alter steigenden Gesundheitskosten wieder. Die blaue
Linie zeigt, wie der Beitrag in der PKV kalkuliert wird. Dabei handelt es sich um ein sehr vereinfachtes Modell,
das von konstanten Preisen für Gesundheitsleistungen ausgeht, an dem aber die Grundzüge der Beitragskalkulation
in der privaten Krankenversicherung deutlich werden. Am Anfang liegt der Beitrag über der tatsächlichen
Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. Aus der Differenz wird die Alterungsrückstellung gebildet. In späteren
Lebensjahren übersteigt die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen den Beitrag. Die Differenz wird dann
durch Entnahmen aus der Alterungsrückstellung finanziert. Der Beitrag in der PKV wird über die gesamte
Versicherungsdauer so kalkuliert, daß er
in jungen Jahren oberhalb der tatsächlich in Anspruch genommenen
Gesundheitsleistungen und
in späteren Jahren unterhalb dieser Leistungen liegt.
Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Beitrag und den rechnerischen
Kosten für Gesundheitsleistungen in jungen Versicherungsjahren wird in der Alterungsrückstellung verzinslich
angelegt. Wenn in späteren Lebensjahren die rechnerischen Kosten für Gesundheitsleistungen über
dem Beitrag liegen, dann wird die Differenz aus der Entnahme für Alterungsrückstellungen finanziert.
Versicherungsmathematisch wird von einer bestimmten Risikogruppe ausgegangen. Maßgeblich sind beispielsweise
alle Männer eines bestimmten Tarifs mit einem bestimmten Eintrittsalter. Die in der Grafik 2 abgebildete Kurve
für die mit dem Alter ansteigende Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen basiert auf vorliegenden statistischen
Materialien über die für eine solche Risikogruppe üblicherweise zu erwartende Entwicklung der Inanspruchnahme.
Die in der Grafik 2 gezeichnete Linie für den Beitrag entspricht deshalb einem ganz bestimmten Eintrittsalter.
Je später das Eintrittsalter, desto höher muß der Beitrag sein, um ausreichende Zuführungen
zu den Alterungsrückstellungen zu ermöglichen.
Warum Beitragserhöhungen?
Die Kalkulationsgrundlagen zur Beitragsberechnung entstammen heute
vorliegenden Statistiken über die Gesundheitskosten und über die mit dem Alter steigende Inanspruchnahme
von Gesundheitsleistungen. Nun treten im Laufe der Jahre häufig Entwicklungen ein, deren quantitative Auswirkungen
aus der Vergangenheit heraus statistisch nicht erfaßbar sind. Der medizinische Fortschritt hat es möglich
gemacht, daß viele Krankheiten heute erkannt und behandelt werden können, bei denen dies früher
nicht möglich war. Viele Operationen bei älteren Menschen sind z.B. erst durch Erkenntnisse in der Anästhesie
in den letzten 20 Jahren möglich geworden. Eine Herzoperation bei 80jährigen war früher undenkbar,
heute ist sie fast zur Selbstverständlichkeit geworden. Neue Behandlungsmethoden kommen hinzu. Auch die Lebenserwartung
der Bevölkerung steigt, so daß heute die Alterungsrückstellung für höhere Behandlungskosten
im Alter für einen längeren Zeitraum gebildet werden muß. Hinzu kommen vor allem Preisänderungen
bei Gesundheitsleistungen. Die Pflegesätze in den Krankenhäusern werden bspw. ebenso wie die Arzneimittel
teurer. Dies alles bewirkt, daß die bei der ursprünglichen Beitragskalkulation zugrundegelegten statistischen
Daten im Zeitablauf immer wieder aktualisiert werden müssen. Dies macht Beitragsanpassungen erforderlich.
Höhere Beiträge repräsentieren den Umstand, daß der Versicherungsschutz auch die im Zeitablauf
höheren Leistungen, z.B. die aufgrund des medizinischen Fortschritts neu hinzugekommenen Behandlungsmethoden,
umfaßt. Versicherungsmathematisch entspricht dies der Ausweitung des Versicherungsschutzes. Verbesserte und
teurere Leistungen, die früher noch nicht existierten, folglich auch noch nicht im Versicherungsschutz enthalten
waren, sind jetzt zusätzlich aufgenommen worden. Jeder private Krankenversicherungsschutz nimmt automatisch
an diesen Verbesserungen des Versicherungsschutzes teil. Das führt zwangsläufig zu Auswirkungen auf der
Beitragsseite.
Beitragsanpassungsklausel
Da neue Entwicklungen aus der Vergangenheit heraus nicht immer statistisch
berücksichtigt werden können, müssen Beiträge regelmäßig überprüft und
bei Bedarf angepaßt werden. Aufgrund der sog. Beitragsanpassungsklausel darf eine Prämienänderung
nur dann vorgenommen werden, nachdem ein unabhängiger Treuhänder der Prämienänderung zugestimmt
hat. Zum Treuhänder darf nur derjenige bestellt werden, der fachlich geeignet, zuverlässig und vor allem
vom jeweiligen Versicherungsunternehmen unabhängig ist. Er muß über ausreichende Kenntnisse auf
dem Gebiet der Prämienkalkulation in der Krankenversicherung verfügen. Der Treuhänder muß
überprüfen, ob die Prämienänderung mit den dafür bestehenden Vorschriften im Einklang
steht. Dazu sind ihm sämtliche für die Prüfung der Prämienänderung erforderlichen technischen
Berechnungsgrundlagen sowie die hierfür notwendigen Nachweise und Daten vorzulegen. In den technischen Grundlagen
sind die Grundsätze für die Berechnung der Prämien und Alterungsrückstellungen sowie die verwendeten
Rechnungsgrundlagen und mathematischen Formeln vollständig anzugeben.
Wir bedanken uns beim
für die freundliche Unterstützung.
|